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Wenn ich Menschen gegenüber berichte, dass ich mich mit Gewaltfreier Kommunikation beschäftige und auskenne, entnehme ich den Gesichtern eher Befremden und Unsicherheit als Neugier. Lange Zeit habe ich darüber nachgedacht, was der gute Grund dafür sein mag:

  • Vielleicht entsteht Unsicherheit, weil plötzlich die Sprache in den Fokus gerückt wird, die tagtäglich genutzt wird und keine Idee dazu vorhanden ist, was daran „anders gehen müsste“ besteht.
  • Vielleicht, weil das Wort gewaltfrei ein wenig unterstellt gewaltvoll zu sein – das möchte sicher niemand sein.
  • Vielleicht erkennt die/der eine oder andere worum es geht und empfindet Scham für seine Sprache

Es mag noch andere Gründe geben, die ich vermeintlich zu spüren meine. Allesamt sind Hypothesen und diese können wahr sein oder eben auch nicht.

Gleichzeitig fehlt mir dann eine gute Verbindung von meinem „empfundenen“ Reichtum zu erzählen. Waren und sind es doch die kleinen Dinge im Leben, in denen sich die Wirkung der GFK entfaltet. Im Zusammenhang mit Konflikten ist es scheinbar noch erlaubt von Gewaltfreier Kommunikation  und ihrer Wirkung zu berichten. Da erscheint die GFK als Lösung eines Problems.

Daher schreibe ich gern von einem bewegenden Augenblick, der mich immer noch begleitet.

Es ist bereits einige Jahre her. Ich hatte einen meiner Jungs mit zum Einkaufen genommen, weil er sich gern eine bestimmte Sorte Kaugummi für sich kaufen wollte. Als wir zurück waren, kam meine Tochter und bat ihren Bruder etwas von dem Kaugummi abhaben zu dürfen. Die Antwort war nein. Sie nahm noch zwei Anläufe ihren Bruder zum Teilen zu bewegen, wobei sich ihre und die Stimmung ihres Bruders ziemlich änderten. Sie schrie und schimpfte und machte – so meine Gedanken – „einen ziemlichen Aufstand“, lies sich nicht mehr beruhigen und gerade bevor mit der Satz entwich: „jetzt stell Dich wegen dieses Kaugummis nicht so an!“ drückte ich sie ihrem Papa auf den Arm.

Abends nachdem etwas Zeit verstrichen war und die Stimmung sich wieder beruhigt hatte, setzte ich mir zu ihr und frage sie empathisch:  Du warst ganz schön sauer, weil Du auch gerne ein Kaugummi gehabt hättest?  Sie antwortete mit Ja und sie teile ja auch mit ihren Brüdern, wenn sie etwas bekommt (was sie in der Mehrzahl der Fälle tat). Und Du hättest wünscht Dir, dass deine Brüder auch mit dir teilen? Ja, außerdem wenn sie mit mir einkaufen geht, würde sie ihren Brüdern auch etwas mitbringen. Und bist Du ärgerlich, weil sie Dir auch etwas hätten mitbringen können? Ja, aber die denken ja nie an mich! Und bist du traurig, weil du gern hättest, dass sie auch an Dich denken? Da begann sie zu weinen. Bist Du jetzt noch trauriger, weil du gern sicher wüsstest, dass Du für Deine Brüder genauso wichtig bist, wie sie für dich?

Drei Stunden zuvor konnte ich in dem Stampfen und Schimpfen ihr wertvolles Bedürfnis nach Verbundenheit und Achtsamkeit nicht hören. Mit: „stell Dich nicht so an“, wollte ich das Thema schlichtweg vom Tisch haben. Ruhe, Leichtigkeit, Raum für andere Dinge… was auch immer damals anstand.

Es hat mich sehr berührt wie ich mit ihr verbunden war, mit welcher Ruhe und Klarheit das was ihr wichtig war zu mir gelangte. Mein Bild im Kopf änderte sich komplett zu der Situation und ich empfand Dankbarkeit für den Verlauf. Sie hat mich eine Menge lernen lassen, das geblieben ist. Z.B. wenn ich denke:  „stell Dich nicht so an“ dann ist es eine Einladung näher hinzusehen.

Hast Du auch eine Erinnerung, die Du immer wieder gern teilst? Eine Geschichte die Dich GFK fühlen ließ? Eine Begebenheit mit der für Dich Haltung der Gewaltfreien Kommunikation beschrieben werden kann? Eine Geschichte die Dich berührt hat? Gehört oder auch erlebt. Was hat Dich berührt?

Ich bin neugierig auf die Kleinigkeiten die GFK in Euren Leben bewirkt hat.

Und freue mich, wenn Du sie teilst. Egal wann.

herzlich

Maike